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Die ersten Jahrzehnte

Auf seiner ersten Harzreise kam der junge Goethe 1777 in den Oberharz - ein Bergrevier, das damals mit seinen vielen Gruben und Hütten die größte Industrieregion zwischen Sankt Petersburg und Paris war. Zwei Jahre zuvor war gerade die erste montanistische Lehranstalt in Clausthal gegründet worden, um praxisnah Berg- und Hüttenleute auszubilden. Die technologische Entwicklung des Maschinenwesens, der in immer größere Teufe vordringende Bergbau und die Verhüttung komplex zusammengesetzter Erze machten eine Ausbildung erforderlich, die Theorie und Praxis stärker verband.

Bis in die napoleonischer Zeit hielt die montanistische Lehranstalt zwar Kurse ab, hatte aber kein eigenes Gebäude. 1810 erhielt sie - nunmehr Ecole des Mines für das Harz-Departement (Bergschule) - ein Unterrichtsgebäude, eigene Mittel und Studienmaterialien. Die Eleven der ersten Klasse mussten über Kenntnisse in Französisch, Latein, Mathematik und Naturwissenschaften verfügen. Daneben gab es noch eine zweite Klasse für Steiger.

1821 wurde aus der Bergschule für 23 Jahre eine Forstlehranstalt angegliedert. Die Leitung ihres dreiköpfigen Direktoriums hat Oberbergrat Julius Albert, dessen Erfindung - das Drahtseil - seit 1834 einen Siegeszug in viele Industriesparten antrat und seine Bedeutung bis heute nicht verloren hat.

Das 19. Jahrhundert - eine wettbewerbsfähige Ingenieurwissenschaftliche Hochschule entsteht

Durch seine vorausschauende Planung prägte Adolph Roemer, der 1853 die Leitung der Bergschule übernahm, die Fortentwicklung der Lehranstalt im 19. Jh. maßgeblich. Er war ein bedeutender Wissenschaftler und so beliebt, dass seine Schüler ihm 1882 ein Denkmal neben der Marktkirche setzten. Auch die Haupteinkaufsstraße in Clausthal ist heute nach ihm benannt.

Adolph Roemers Verdienste um die Bergschule liegen in der Stärkung ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Lehranstalten während der intensiven Industrialisierung in Europa. Roemer und seine Mitstreiter in der Bergverwaltung entwickelten die Bergschule zur Bergakademie (1864) weiter, indem sie einen vierjährigen Studiengang einrichteten, der zu einem in allen deutschen Bundesstaaten anerkannten Titel als Berg- oder Hütteningenieur führte. So entstand eine wettbewerbsfähige ingenieurwissenschaftliche Hochschule, die durch Roemers Engagement eine zeitgemäße wissenschaftliche und apparative Ausrüstung und eine gut ausgestattete Bibliothek erhielt. Wegen ihres überaus guten Rufes konnte die Bergakademie zeitweise bis zur Hälfte ihrer Studenten in Übersee rekrutieren, vorwiegend in Nord- und Südamerika.

Unter ihrem Direktor Albrecht von Groddeck entwickelte sich die Bergakademie auch nach dem Anschluss des Königreichs Hannover an Preußen weiter. Von Groddeck erreichte in den 1880er Jahren sogar eine Aufstockung des Lehrpersonals. Weltruf erlangten ihre Professoren Carl Schnabel als Verfahrenstechniker der Metallurgie und Gutachter sowie Arnold Sommerfeld, ein Mathematiker. 

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Er entwickelte später in München das berühmte Atommodell und war Lehrer der Nobelpreisträger Hans Albrecht Bethe, Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli. 

Ab 1903 durfte die Hochschule den Titel Diplom-Ingenieur verleihen. Ihr Wachstum fand 1906 schließlich auch Ausdruck in den repräsentativen Neubauten für Forschung und Lehre an der Marktkirche.

Das 20. Jh. - eine Hochschule in wechselvoller Zeit

1919 war in bemerkenswertes Jahr für die Hochschule: erstmals schreiben sich fünf Frauen an der Bergakademie Clausthal ein. Außerdem bekam sie in diesem Jahr eine Wahlrektoratsverfassung und erhielt mit dem Mineralogen Willi Bruhns von 1919 bis 1921 den ersten gewählten Rektor. In diese Zeit nach dem 1. Weltkrieg fällt auch eine Vervielfachung der Studentenzahlen, so dass in den zwanziger Jahren an den Spittelwiesen größere Neubauten für Institute sowie eine Aula Academica, eine Turnhalle und ein Schwimmbad entstanden. Die imposanten Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz.

Während der NS-Zeit ging die Zahl der Studierenden zurück, weil viele Studenten, Dozenten und Professoren zum Militär gingen. Der verbliebene Lehrkörper forschte für die Wehrmacht, so dass die Bergakademie als Rüstungsbetrieb eingestuft wurde. Nach Kriegsende schlossen die Alliierten die Bergakademie und internierten einige Nazi-Professoren für Jahre.

Im Sommersemester 1946 wurde der Lehrbetrieb mit drei unbelasteten Professoren von hohem wissenschaftlichen Ansehen wieder aufgenommen - der Metallphysiker Günter Wassermann, der Chemiker Heinrich Hock und der Wirtschaftswissenschaftler Gerhard Krüger. In den Folgejahren schwankte die Zahl der Studenten stark; eine Ursache dafür war die Monostruktur der Bergakademie.

In den fünfziger und sechziger Jahren konnte die Montan-Industrie der ausländischen Konkurrenz von Kohle, Erz und Stahl nicht länger standhalten - Zechen und Hütten wurden stillgelegt. In der Folge sank auch die Zahl der Studenten an der Bergakademie auf weniger als 1.000, ein weiterer Rückgang war abzusehen.

Seit 1968 Technische Universität

Ab 1960 trieb die Hochschule gemeinsam mit dem Wissenschaftsrat und dem niedersächsischen Kultusministerium konsequent Pläne zum Ausbau der Bergakademie zu einer Technischen Universität voran. So entwickelte sich die Clausthaler Hochschule bis 1968 zur Technischen Universität.

Mit Unterstützung des Vereins der Freunde konnte die TU Clausthal ein 50 Hektar großes Wiesenareal erwerben - das Feldgrabengebiet. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte entstanden hier viele neue Institutsgebäude für neu gegründete Studienfächer der Ingenieurs- und Naturwissenschaften, eine Universitätsbibliothek, Werkstätten, Studentenheime und ein Heizkraftwerk. Ganz in der Nähe etablierten sich außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit ihren Neubauten.

Nach dem Wegzug der Bundeswehr aus Clausthal-Zellerfeld übernahm die TU Clausthal ab Mitte der 1990er Jahre viele ehemals militärisch genutzte Gebäude für Werkstätten und Institute konnten. Sie bilden heute das TU-Gelände an der Tannenhöhe.

Die Technische Universität Clausthal ist heute eine moderne Hochschule mit rund 3.500 Studierenden. Immer noch stammen viele von ihnen aus dem Ausland, so dass im Stadtbild eine Vielzahl chinesischer, afrikanischer und arabischer Gesichter zu sehen ist. Viele Studierende nutzen heute auch die weit mehr als 80 Partnerschaften der TU Clausthal in der ganzen Welt, um internationale Erfahrungen zu sammeln. (hz/HA)

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