Zum Inhalt springen

Der Charme des Zellerfelder Stadtbildes

Der Charme des Zellerfelder Stadtbildes liegt in seinem symmetrischen Grundriss mit breiten und begrünten Straßenzügen, die von idyllischen Bürger- und Bergmannshäusern gesäumt werden. Eine Vielzahl repräsentativer Gebäude, die nur wenige Schritte voneinander entfernt liegen, zeugen von der einstigen Bedeutung der Bergstadt. 

Das geordnete Stadtbild, das wir heute bewundern, entstand nach dem verheerenden Stadtbrand von 1672, der die aufstrebende Bergstadt fast gänzlich vernichtete. Diese Krise nutzen die Bürger, Zellerfeld in eine für die damalige Zeit hochmoderne, großzügige Stadt planmäßig neu anzulegen. Heute kann man vor allem am Brauhausberg und am Treuer Zipfel noch Spuren des älteren, gewachsenen Stadtgrundrisses erkennen. 

Stadtplan von Zellerfeld nach dem großen Brand

Der heutige Zellerfelder Stadtgrundriss

Die in über 100 Jahren gewachsene Stadtanlage der jungen Bergstadt Zellerfeld wurde mit dem verheerenden Stadtbrand von 1672 ausgelöscht. Der Wiederaufbau der Stadt gab den Anlass für eine strukturelle Neuplanung, die nach kleineren Bränden im 18. Jh. noch vervollkommnet wurde.

In der Renaissance wandelte sich die Baukunst - Architekten dehnten ihre Gestaltungskunst von Einzelgebäuden auf die Ausrichtung ganzer Ensembles aus. Zunächst bei Schlossbauten entstand eine streng stilisierte, auf Achsen bezogene Ausrichtung und Gruppierung von Gebäuden, und auch Gärten und angrenzende Plätze und Straßenzüge wurden in die geplante Gestaltung mit einbezogen. Diese Tendenz zur Planung verstärkte sich im Barock. Stadtgrundrisse wurden in mathematische Gebilde umgewandelt, Vorschriften für den Aufriss der Häuser - z.B. die Höhe von Gebäuden und Geschossen - wurden im Interesse einer einheitlichen Gestaltung erlassen.

Das einflussreiche und selbstbewusste Zellerfelder Bürgertum war einer dergestalt modernen und repräsentativen Neugestaltung ihrer Stadt nicht abgeneigt. Die im Bergbau notwendige berufliche Disziplin, technologische Bildung und mathematische Kompetenz ließen es realistisch erscheinen, einen solchen Stadtgrundriss tatsächlich zu verwirklichen. Zudem bemühte sich die Obrigkeit um große Sorgfalt bei der Grundstücksneuordnung und einen gerechten Wertausgleich, wobei Kapitalhilfen zum Wiederaufbau auch ein Druckmittel darstellen konnten.

Die besonderen topografischen Bedingungen im Oberharz machten darüber hinaus die Vermessungskünste eines versierten und einflussreichen Markscheiders erforderlich, um einen Stadtgrundriss von mathematischer Genauigkeit umzusetzen. In der Person des Oberbergmeisters Daniel Flach wurde ein Manager den Wiederaufbau befunden. Er war zugleich Markscheider und damit ein vereidigter Beauftragter des Landesherrn. Seinem Einfluss und Verhandlungsgeschick ist es zu verdanken, dass schon nach dem Winter 1672/73 zügig mit dem Wiederaufbau von Zellerfeld begonnen werden konnte.

Erhalten geblieben ist ein Plan von 1674 mit dem Stadtgrundriss eines weiteren Markscheiders, August Wilhelm Reinerding. Er dürfte an der Vermessung der Grundstücke beteiligt gewesen sein, denn sein Stadtplan dokumentiert einen Zwischenstand bei der Neuverteilung der Grundstücke.(hz/HA)

plan_zellerfeld2.jpg

Quelle: Griep, H.-G. Das Bürgerhaus der Oberharzer Bergstädte, Tübingen 1975